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Vorsicht bei Werbung mit Test-Resultaten

 Kategorie: Aktuelle Tipps 
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11 Mär
2020

Mit der Verwendung von Test-Auszeichnungen und Test-Bewertungen in der Werbung will jeder Hersteller oder Anbieter zusätzliches Vertrauen zum Kaufen erreichen. Lassen Sie sich jedoch nicht durch falsche Testresultate beeindrucken.

Verwendete Signete

Sehr viele der eingesetzten Signete bzw. Auszeichnungen sind keine offiziellen, also von anerkannten Institutionen durchgeführte Tests. Denn es gibt bei Matratzen und Schlaf-Systemen nur wenige Institute und wenige offizielle, repräsentative Tests. Dazu sehr wenige Produkte, welche überhaupt getestet wurden. Tests in Deutschland haben vielfach keine oder kaum Bedeutung für die Schweiz. Dies führt dazu, dass viele eingesetzte Auszeichnungen von den Anbietern selbst erfunden wurden und sie «sich selbst» loben. Vor allem bei Internet-Anbietern sind viele Bewertungen aufgeführt, welche von Mitarbeitern, Freunden, Familie und Bekannten erstellt wurden. Viele Bewertungen haben für Kaufinteressierte also keine sachliche Bedeutung und wollen nur verführen.

Test-Resultate von anerkannten Test-Instituten

Es gibt auf dem deutschsprachigen Markt ganz wenige anerkannte Test-Institute. Am bekanntesten sind sicher Stiftung Warentest in Deutschland und Kassensturz – K-Tipp / A bon entendeur in der Schweiz. Das Problem bei Tests mit Matratzen und Schlafsystemen ist schlicht die schwierige Vergleichbarkeit. Für mich als Experte ist dies, wie wenn man Genussartikel wie Schokolade testen will. Da eine gute Matratze sehr viele Komfort-Elemente aufweist und für verschiedene Körper und Probleme anders ist, können bei gehobeneren Matratzen nur schwer Vergleiche erfasst und bewertet werden. Darum werden Tests bei Matratzen immer mit messbaren Kriterien durchgeführt, also Material-Tests. Darauf limitiert, werden darum meistens nur einfachere Matratzen im günstigen Bereich getestet und verglichen. Komplexere, bessere Matratzen werden nicht getestet, da die Unterschiede und Vorteile kaum zu messen und zu vergleichen sind. Man müsste bei besseren Matratzen eine Art «Blind-Erfahrungs»-Test durchführen, mit ausgesprochenen Schlafkomfort-Experten, welche bewerten, was sie fühlen. Eben wie bei Schokolade ein «Gourmet»-Test.
 
Was heisst dies? Testet man also nur die eher vergleichbaren Günstig-Matratzen, so ergeben sich nur einfachere, «fassbare» Resultate, welche für Schlafkomfort-Experten zu eingeschränkt sind. Gewisse Test-Matratzen erhalten so ein viel zu gutes Resultat, da ein Vergleich mit besseren Matratzen nicht gemacht wurde bzw. werden konnte. Es suggeriert, dass diese getesteten Matratzen generell gut sind oder als «Beste, je getestete Matratze» beworben werden können, was meiner Meinung nach falsch und irreführend ist. Es kann höchstens für das Segment der Günstig-Matratzen gelten.
 
Hintergrund: In Deutschland wurden in den letzten Jahren mittlerweile fast nur Günstig-Matratzen getestet. Gehobenere bzw. teurere Matratzen wurden nicht getestet. Dies führte dazu, dass ein Modell für 199 Euro als «Beste, je getestete Matratze» bewertet wurde. Nun muss man wissen, dass dies auf die gemachten Material-Tests zurückzuführen ist. Und dass Deutschland in den Ansprüchen gegenüber der Schweiz viel tiefer eingestuft ist. Der Komfort dieser Matratze ist für Schweizer Verhältnisse sehr einfach. Fazit: Es ist relativ einfach, eine «Testsieger»-Matratze zu bauen, passend auf die betreffenden Test-Kriterien. Das sieht man auch, wenn man den Aufbau der Testsieger-Matratze betrachtet. Ich bin aber auch überzeugt, dass diese «neue» Testsieger-Matratze kaum komfortabel sein würde. Darum: Vorsicht bei Test-Resultaten. Komfort hat nicht viel damit zu tun.
 
In diesem Zusammenhang muss man sich auch bewusst sein, dass in Deutschland bei vielen Tests immer wieder bewiesen werden will und muss, dass etwas «Gutes» nicht teuer sein muss. Dies erreicht mehr Gehör und die Zeitschrift verkauft sich besser. Ich denke, dies liegt auch etwas an der Mentalität im Land der Schnäppchenjäger und Discount-Filialen. Zudem muss man auch wissen, das Stiftung Warentest eine eigene Institution ist und von der Wirtschaft unterstützt wird. In der Schweiz sind Kassensturz und A bon entendeur eine Sendung vom Schweizer Fernsehen, ohne wirtschaftliche Interessen. Am Schluss muss man festhalten, dass Tests höchstens für günstige Matratzen eine wirkliche Aussagekraft haben und Deutsche Tests nicht viel mit der Schweiz zu tun haben. In der Schweiz haben die Matratzen in den Materialien und in der Ausführung ein viel höheres Niveau als in Deutschland.
 
Dennoch möchte ich festhalten, dass Tests grundsätzlich auch eine positive Orientierung für Konsumenten sein können.

Test-Kriterien – Der Hintergrund

Bei Matratzen und Schlafkomfort ist es schwierig, über alle relevanten Kriterien seriöse und vergleichbare Testnoten abgeben zu können. Vor allem, wenn es über alle verschiedenen System- und Preis-Ebenen einen einheitlichen Vergleich mit verlässlichen Resultaten geben soll. Einen korrekten, umfassenden Testbericht hat es darum in diesem Gebiet noch nie gegeben. Als Experte war ich auch schone einige Male in Tests involviert. Wenn man die bereits publizierten Test-Berichte studiert, wurden Vergleichs-Tests meistens mit wenigen Modellen in einem spezifischen Teil-Segment durchgeführt, so in etwa: Günstig-Segment, Boxspring-Betten, usw.. Zudem nur in einem begrenzten Markt. Jede Region und jedes Land haben andere Vorlieben, Hersteller und Konstruktionen. Dazu gelten auch interne Test-Labors von Herstellern selber. Diese Tests nach eigens gewählten Standards dienen jedoch meist nur der eigenen Werbung, die Matratzen können trotzdem auf dem Markt im Vergleich mit anderen Hersteller-Produkten minderwertiger sein.
 
Alle durchgeführten Tests haben eines gemeinsam; es werden praktisch durchwegs (nur) messbare Kriterien getestet, wie Haltbarkeit, Abstütz-Grad, Kontaktfläche, Lageänderungswiderstand, Druckverteilung, Nachschwingen, Geräusche, Schwerpunkte, Handhabung, Deklaration, Werbung, Umweltbelastung. Das heisst, es geht vorwiegend um technische Belastungs- und Haltbarkeits-Kriterien. Wohlfühl- resp. Komfort-Aspekte sind praktisch keine berücksichtigt. Das ist auch der Grund, warum es schwierig ist, Matratzen und Schlaf-Systeme im Premium- und Luxus-Bereich testen zu können. Hier sind die Material-Kompositionen ganz anders gewählt und sehr stark auf Komfort und Körperunterstützung entwickelt. Bei höherwertigen Modellen geht es vielmehr um einen hohen Komfort oder besser gesagt um Schlaf-Genuss. Haltbarkeits-Kriterien sind vielfach auch nicht gut vereinbar mit Wohlfühl-Faktoren. Oder kommen spezielle Funktionen dazu, z.B. für medizinische Bedürfnisse, kann dies auch auf Kosten der Haltbarkeit gehen.
 
Zudem sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass in den jeweiligen Tests je nach Land auch die Kultur zum Ausdruck kommt. Wenn es ein Land ist, wo die meisten Konsumenten sich nach dem Preis orientieren, sind die Tests stark auf tiefe Preise ausgelegt. Wenn ein Test-Institut die grundsätzliche Einstellung hat, dass gut nicht teuer sein muss, setzt man auch alles daran, die Tests in diese Richtung zu steuern. Denn mit dieser bewährten Überschrift erreicht man genau die breite Masse an Abonnenten und Adressaten, welche solche Testberichte erwarten und kaufen. Dass gute Qualität höhere Kosten zur Folge hat, sollte zugunsten der Fairness und der Hersteller auch aufklärt werden. Denn gerade in solchen «Maximal-Viel für Maximal-Wenig-Ländern», sind Betrugs-Skandale häufiger, weil die Hersteller aufgrund der Tiefst-Preis-Strategie eher zu «Qualitätsbetrügereien» verleitet werden.

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